Vor Kurzem hatte ich eine Unterhaltung mit einem Kollegen über Protestbewegungen weltweit. Irgendwann kamen wir auf Hongkong zu sprechen. Die demokratische Bewegung HKs würde sich schon wieder erholen und Aufwind bekommen, war dessen Einschätzung.
Das denke ich nicht. Hongkongs Protestbewegung ist einen langsamen, qualvollen Tod gestorben. Es ist keine politisch ernstzunehmende Gegenstimme mehr existent, und die, die noch aktiv sind, sind im Exil oder in Haft oder ganz einfach verstummt. Das ist nur allzu verständlich: Wer ständig, sogar im Exil, Angst um seine Existenz haben muss, der ständig Beleidigungen, Drohungen und Überwachung über sich ergehen lassen muss, der wünscht sich Ruhe und Unterstützung. Diese bekommt er nicht und deshalb zieht er sich, langsam, aber sicher, zurück.
In Hongkong ist das eingetreten, wovor Arendt immer eingehend gewarnt hat: Der Entpolitisierung des Raums und die Zerstörung der Gestaltungsmöglichkeiten. Für Hongkong trifft das doppelt zu: ganz extrem auf den physischen Wohnraum (viele Menschen leben auf 10m2, einige leben auch in sog. Käfigwohnungen) und auf den politischen Raum, an dem sie nicht mehr teilnehmen können. Das hat dramatische Folgen; es gibt keinen Schlagabtausch, keinen Diskurs mehr zwischen den Bürger:innen und den Herrscher:innen.
Die Bürger:innen können nicht mehr gestalten und nicht mehr gegen das Verschlungenwerden durch China, die Abschaffung und Aushöhlung ihrer Menschenrechte vorgehen. Damit wird den Menschen die Fähigkeit Macht zu erzeugen und für ihre Interessen zu nutzen, gänzlich genommen. Erstens, indem die Regierung physische Gewalt nutzt, um das potenziell gefährliche Kollektiv zu unterdrücken. Zweitens, indem psychische Gewalt und Manipulation eingesetzt werden, um die Hierarchie klarzustellen und auf die begrenzten Funktionen der Bürger:in hinzuweisen: Bewege dich in diesem klar definierten Raum aber zerstöre und gestalte nichts! Drittens, indem der Raum an sich, schon im Vorhinein kriminalisiert, fast schon sterilisiert wird. Er ist kommerzialisiert, überwacht, smart, monoton, aber nicht frei.
Raum ist in Hongkong alles, außer politisch.