Am Anfang dieses Schuljahres, im September, kam mein kleiner Bruder als Tafelklassler in die erste Volksschulklasse. Der Spaß am Lernen, die Vorfreude und das Leuchten seiner Augen war groß an seinem ersten Schultag. Von dieser Freude am Lernen war jedoch drei Wochen später gar nichts mehr übrig. Wie kann so etwas passieren?
Auch ich erinnere mich gerne an meinen ersten Schultag vor ungefähr zehn Jahren zurück. Doch auch ich habe, etwas später als beim Bruder, aber doch, dieses Leuchten verloren. Natürlich bin ich jetzt schon weitaus länger im Schulsystem als er, aber das ist kein Grund dafür, diese Freude verloren zu haben. Das frühe Aufstehen und der für manche lange Schulweg sehe ich jedoch nicht als verantwortlich dafür. Auch die zumeist bemühten Lehrkräfte sehe ich nicht in der Schuld.
Der wirkliche Übeltäter ist unser konkurrenzbasiertes und veraltetes Bildungssystem. Je länger man in der Schule ist, desto mehr Leistungsdruck und Arbeit wird einem aufgehäuft. Viele meiner Klassenkolleg*innen und Schulfreund*innen sind am Rande des Abgrunds, sich selbst mit ihrem Verhalten zu schaden. Overworking, Time-Management-Probleme oder Dinge wie mentale und familiäre Probleme. Wenn man diese Leute fragt, warum sie in die Schule gehen, kommt von 99% Antworten wie: „um einen Job zu bekommen“, „für die Matura“, „für ein Studium“ oder „für meine Eltern“. Doch die Antwort „für mich selbst“ habe ich noch nie gehört und das mit gutem Grund.
Zu all dem kommt noch die extrem schwierige Corona Situation und je näher man der Matura oder dem Abschluss kommt, desto größer wird die Last, die auf einem liegt. Uns wird das Gefühl gegeben, dass von dieser einzelnen Prüfung (eine Momentaufnahme von 12 Jahren Schule) alles abhängt. Und dann natürlich noch die Schularbeiten und Tests, die ja sozusagen eine Vorstufe und Vorbereitung zu dieser einen großen Prüfung sein sollen. Alle diese Dinge zu lernen, zu verstehen und sich selbst dabei mental nicht zu schaden ist fast unmöglich. Ich weiß nicht, wann meine ganze Klasse das letzte Mal die ganze Nacht geschlafen hat. Mindestens eine*r (von zwölf Person) ist immer auf. Und was tut sie dann, mitten in der Nacht? Lernen.
Nur diese*r lernt nicht wirklich: Diese*r füttert sein/ihr Hirn mit auswendig gelernten Formeln und Fakten, die er/sie anschließend noch wenige Tage wiedergeben kann – und danach werden sie vergessen. Doch all der Stress, die Schlaflosigkeit und die Unzufriedenheit mit sich selbst bleiben.
Deshalb ist es für uns Schüler*innen so wichtig in diesen Folgeschäden, die unser System mit sich zieht, wenigstens unterstützt zu werden und darüber zu reden und zu lernen, wie man mit solchen Problemen und Beschwerden umgehen kann. Mental Health und Overworking sind in unserer Gesellschaft immer noch Tabuthemen – die aber mittlerweile auch schon die Kleinsten etwas angehen. Und wie kann man solche Tabuthemen in die Mitte der Gesellschaft stellen? Richtig – indem man über sie offen und ehrlich spricht.
Und deshalb beende ich meinen Beitrag mit einer ganz PolEdu-liken Bitte: Redet’s drüber!